Die ersten Monate des Jahres waren ungewöhnlich ruhig. Keine Proben, kein Probenweekend in Aesch und auch kein Konzert. Wir fügten uns alle in unser Schicksal und warteten darauf, dass die Impfstoffe endlich auch in der Schweiz zugelassen wurden.

In dieser Zeit arbeitete der Vorstand im Hintergrund weiter. Die Kassarevision fand planmässig statt. Per ZOOM-Sitzung wurde beschlossen, die Generalversammlung im März 2021 nochmals schriftlich durchzuführen. Wir einigten uns auf den halben Jahresbeitrag von Fr. 100.- pro Sängerin, da die Wiederaufnahme der Singproben vermutlich erst im Sommer sein würde. Ausserdem verzichtete Marie-Louise in grosszügiger Weise auf ihren Lohn, solange keine Proben stattfinden konnten.

Im Frühling begann die grosse Corona-Impfkampagne und reihum lautete eine der häufigsten Fragen: «Bist du schon geimpft? Wir hofften sehr, dass wir bei wärmeren Temperaturen wieder Proben auf dem Schulhausplatz abhalten konnten, wie im Jahr zuvor.

Wir trafen uns tatsächlich einige Male in stattlicher Zahl vor dem Schulhaus Haldenacher und konnten die Abendsonne bis 21 Uhr noch geniessen, wenn es das Wetter zuliess. A cappella sangen wir viele Kanons und andere fröhliche Lieder, die uns Hoffnung auf bessere Zeiten machten.

Am 23. Juni endlich konnte erstmals wieder ein Treffen mit allen Sängerinnen stattfinden. Wir versammelten uns im Grossen Saal des Gemeindezentrums zu einer «Informellen Sitzung». Alle trugen wir Gesichtsmasken, an die wir uns in der Zwischenzeit schon gewöhnt hatten. Die Freude über das Wiedersehen überwog aber bei Weitem.

Wir erfuhren, dass wir ab Sommer 2021 im Saal C des Gemeindezentrums proben könnten. Während eines Jahres fänden die Proben aber am Mittwoch statt. Ab Sommer 2022 sei eine Rückkehr in den Singsaal am Montagabend wieder möglich. Zum Glück konnten bis auf eine Sängerin alle problemlos auf den Mittwoch wechseln.

Marie-Louise teilte nun allen Sängerinnen offiziell mit, dass sie im Februar 2022 ihr Amt als Dirigentin endgültig abgeben möchte. Der Vorstand hatte schon länger davon gewusst. Doch in der Corona-Zeit wollte sie uns nicht im Stich lassen und arbeitete weiter mit uns, wenn es ging. Unser Ziel war, mit einem letzten Konzert am 13. Februar 2022 abzuschliessen. Auch bei der Wahl einer geeigneten Nachfolge wollte sie uns noch behilflich sein.

Die Nachricht von ihrem Rücktritt löste viel Betroffenheit aus. Ist sie doch in den letzten 12 Jahren viel mehr als nur unsere Chorleiterin gewesen. Anderseits haben wir volles Verständnis für Marie-Louises Wunsch nach Veränderung. Es sei jetzt der richtige Zeitpunkt für eine neue Leitung, meinte sie.

Dieses Jahr gab es doppelt so viele Jubilarinnen zu feiern. Auch jene von 2020 konnten wir endlich gebührend ehren. Esther Rutz und Claire Leuenberger wurden nach 35 Jahren Chorgesang zu Veteraninnen ernannt. Leider erfuhren wir bei diesem Treffen auch, dass gleich beide Jubilarinnen aus dem Chor ausscheiden werden. Esther plante schon ihren Umzug ins Zürcher Oberland Ende Jahr und Claire wollte altershalber zu den Passiven wechseln. Beiden Sängerinnen dankten wir für die langjährige Treue und wünschten ihnen viel Glück für die Zukunft.

Vor den Sommerferien trafen wir uns zu einer Wanderung nach Landikon. Im Landikerstübli genossen wir auf der Terrasse ein feines Nachtessen. Und alle freuten sich sehr, endlich auch wieder einmal bei Speis und Trank und angeregten Gesprächen zusammenzusitzen.

Die Proben im geräumigen Saal C des GZB begannen nach den Sommerferien. Die vorgeschriebenen Abstände zwischen den Singenden konnten wir gut einhalten, wir fühlten uns recht sicher. Trotz mehrheitlich doppelter Impfung waren die Gesichtsmasken bis zum Singbeginn und während den Pausen unser regelmässiges Zubehör.

Auf eine Vereinsreise anfangs September verzichteten wir hingegen ein weiteres Mal.

Im Herbst beschloss der Vorstand, endlich eine Nachfolge für Marie-Louise zu suchen. Wir erstellten ein Inserat und bestimmten eine Wahlkommission, die bei der Sichtung der Bewerbungen mithelfen sollte. Und wir hatten Glück. Zwei Tage nach der Veröffentlichung des Inserats beim Schweizerischen Chorverband meldete sich die erste Interessentin. Bald darauf waren es schon vier Kandidat*innen. Nach einem vielversprechenden Vorgespräch luden wir Monika Sturm-Schmid aus Basel zum Probedirigat ein. Alle Sängerinnen und auch Marie-Louise waren begeistert von der Art, wie die erfahrene Chorleiterin uns sofort in den Bann ziehen konnte. Fröhlich, temperamentvoll und didaktisch geschickt gab sie uns einen guten Einblick in ihre musikalischen und gesanglichen Fähigkeiten. Wir luden German Bosshard, einen zweiten Bewerber noch zu einem Vorgespräch ein. Dieses verlief aber nicht zu seinen Gunsten. Und so mussten wir die Sängerinnen nicht lange fragen, ob sie Monika Sturm als Dirigentin wählen würden. Pünktlich vor Weihnachten konnten wir den Vertrag mit ihr abschliessen. Ab 1. März 2022 ist sie unsere neue Dirigentin, und wir werden dann im Neubau der Sekundarschule am Montag proben, bis der Singsaal wieder zur Verfügung steht. «Ende gut, alles gut» können wir sagen, was die Zukunft des Chores betrifft.

Mit grossem Bedauern entschied der Vorstand am 28. Dezember einstimmig, das Abschiedskonzert mit Marie-Louise von Mitte Februar nun doch abzusagen. Die Pandemie-Situation spitzte sich wegen Omikron von Tag zu Tag zu. Ein sicherer und erfolgreicher Probenbetrieb wurde unmöglich. Natürlich war die Enttäuschung gross. Wie gerne hätten wir doch unserer lieben Marie-Louise einen würdigen Abschluss mit viel Publikum beschert!

Ein langer, gemeinsamer Chat zwischen allen Sängerinnen (angeregt von Edith, herzlichen Dank dafür) mit guten Wünschen zum neuen Jahr baute uns aber auf und zeigte, dass unsere Verbundenheit mit Marie-Louise und allen Sängerinnen nicht nachgelassen hat, im Gegenteil. Das gibt uns Mut und Vertrauen, im nächsten Jahr mit Freude weiter singen zu können. Eine neue Sängerin will übrigens auch schon bald zum Schnuppern kommen!

 

Maja Rajgl Birmensdorf, Ende Dezember 2021